Magazin März 2023: Ketchup | Autor: Heike Baier | Kategorie: Kinder und Familie | 12.03.2023
Irgendwann in den ersten Monaten ist es wohl bei fast jedem Baby so weit: Der Po leuchtet rot und brennt höllisch. Wir geben Rat, was jetzt zu tun ist und wie es gar nicht erst zum wunden Po kommt.
Ein geröteter, wunder Po kann bei Babys und Kleinkindern öfter vorkommen. Mit der richtigen Pflege lässt er sich meistens schnell wieder in den Griff bekommen. Manchmal entwickelt er sich allerdings weiter zu einer Windeldermatitis oder einem Windelsoor. Wir erklären woran sie die Unterschiede erkennen und wann es Zeit ist zum Kinderarzt zu gehen.
1. Was sind die Ursachen für einen wunden Po?
Gerade im ersten Lebensjahr ist die Haut von Babys besonders empfindlich, denn die natürliche Hautschutzbarriere muss in dieser Zeit – und vermutlich auch darüber hinaus – erst ausreifen. "So lange kann sich die Haut noch nicht so gut selbst schützen – etwa vor Kälte, UV-Licht oder auch vor dem Eindringen von Toxinen", erklärt Natalie Garcia Bartels, Hautärztin mit Spezialgebiet Kinderdermatologie und Dozentin an der Berliner Charité.
Das feucht-warme Klima in der Windel weicht die Haut zusätzlich auf, macht sie durchlässiger für Reizstoffe und bietet Keimen ein optimales Klima. Und nun pieselt und kackt das Baby munter in die Windel – klar, dass diese "Reizstoffe" die Haut attackieren. Besonders dann, wenn die erste Beikost auf dem Speiseplan steht oder das Zahnen Babys Immunabwehr zu schaffen macht. Entzündet sich die wunde Haut zusätzlich, spricht man von einer Windeldermatitis; siedeln sich Hefepilze an, von einem Windelsoor.
2. Wie häufig soll ich wickeln und wie kann ich gegen Wundsein vorbeugen?
Egal wie das Problem in der Windelregion heißt, eines hilft immer: die Haut dort möglichst trocken zu halten. Die wichtigste Maßnahme, damit es gar nicht erst zu einem wunden Po kommt, ist es deshalb, das Kind regelmäßig zu wickeln. Also immer dann, wenn sich viel Feuchtigkeit angesammelt hat, auf jeden Fall aber gleich nach dem großen Geschäft.
Faustregel: Neugeborene etwa alle zwei Stunden, ältere Babys alle drei bis vier Stunden. Trocknen Sie Haut und Hautfalten anschließend sorgfältig mit einem Baumwolltuch. Noch besser: Lassen Sie Ihr Kind beim Wickeln eine Weile ohne Windeln strampeln und auch häufiger mal ohne Windel krabbeln.
3. Wie reinige ich die Windelregion richtig?
Wenn die Haut bereits entzündet ist, geht das am sanftesten mit einem weichen Tuch und etwas Öl. Unparfümiertes Babyöl, Mandel- oder Sonnenblumenöl eignen sich dazu. Auf heiler Haut tut es auch warmes Wasser. Ohne Seife, denn die ist ein zusätzlicher Stressfaktor. Auch starkes Wischen oder Reiben sind tabu.
Und Feuchttücher? Die Einwegtücher sind ein echtes Umweltproblem, für unterwegs aber zugegeben praktisch. Ein Minuspunkt ist, dass sie in der Regel Konservierungsstoffe enthalten. Sollten Sie Feuchttücher verwenden, wählen sie lieber welche ohne Parfüm. Empfehlenswerte Produkte finden Sie zum Beispiel in unserem Feuchttücher-Test.
Mineralöl in Babynahrung: Die Ergebnisse unseres Tests von Säuglingsmilch im Jahr 2021 waren enttäuschend. Haben sich die Pre-Nahrungen mittlerweile verbessert? Die Antwort lautet: Ja. Einige Hersteller haben nachgebessert. Mineralöl ist aber immer noch ein Problem.
4. Wie erkenne ich, ob eine Windeldermatisis oder ein Pilzbefall vorliegt?
Ob sich Bakterien oder Pilze auf der wunden Haut angesiedelt haben, kann letztlich nur der Kinderarzt feststellen. Bei einer Windeldermatitis sind Teile oder die komplette Windelregion gerötet und brennen schmerzhaft – vor allem dann, wenn die Windel voll ist. Bei einem Windelsoor bilden sich schuppige Hautstellen oder rote, scharf begrenzte Pusteln mit weilich-bläschenartigen Herden. Einen Verdacht auf Windelsoor sollten Sie baldmöglichst von einem Arzt abklären lassen.
5. Wie behandle ich einen wunden Po am besten?
Ist die Haut einfach nur wund, können Sie eine Wundschutzcreme mit Zinkoxid auftragen, sobald sie getrocknet ist. Zink wirkt austrocknend und antientzündlich, es fördert also das Abheilen. Ein zweiter Effekt von zinkhaltigen Cremes ist, dass sie eine Nässe-Barriere bilden und auf diese Weise Feuchtigkeit von wunden Hautstellen fern-halten. Sie dienen also auch zur Vorbeugung gegen wunden Po.
Liegt bereits eine Entzündung vor, verordnen Kinderärzte eine Paste mit höheren Zinkanteilen von 25 bis 30 Prozent. Kinderdermatologin Garcia Bartels rät, den prophylaktischen Effekt von Wundschutzcremes nur in bestimmten Situationen zu nutzen: Zum Beispiel, wenn das Kind zum Wundsein neigt und gerade eine häufige Stuhlfrequenz hat oder wenn in der Windelregion bereits eine leichte Rötung besteht.
Dann könne man die Creme dünn auftragen, allerdings nur auf die betroffene Hautregionen und ein wenig drüber hinaus. "Wenn die Rötungen verschwinden, sollte man das Cremen her-unterfahren", rät Garcia Bartels. "Sehr gute" Wundschutzcremes finden Sie in unserem aktuellen Test.
Viele Wundschutzcremes im Test sind "sehr gut" zum sensiblen Babypopo, das ist fein. Völlig unverständlich dagegen: Drei Cremes sind mit besonders bedenklichen Mineralölbestandteilen belastet.
6. Gibt es auch ein Zuviel an Pflege?
Auf jeden Fall. "Ein gesunder Babypopo braucht nicht jeden Morgen eine Zinkschutzsalbe", stellt die Kinderdermatologin klar. Denn das Zinkoxid wirkt auf Dauer auch austrocknend, gerade in höheren Konzentrationen. Dieser Effekt ist bei wunder Haut erwünscht bei gesunder nicht. Dennoch schreiben manche Hersteller auf ihrer Wundschutzsalbe, sie sei "nach jedem Windelwechsel" anzuwenden.
Die Kinderdermatologin sieht das anders: "Wenn zu viel, zu dick und zu häufig geschmiert wird, kann sich der Effekt einer Schutzcremes ins Gegenteil umkehren." Garcia Bartels forschte an der Charité selbst zu Babyhaut und verweist auf die Lücken der Wissenschaft: "Wir wissen noch viel zu wenig über die Haut von Babys und welche Stoffe sie beispielsweise aus Pflegeprodukten absorbiert. Deshalb würde ich immer empfehlen: Je weniger Inhaltsstoffe, desto besser."
7. Welche Hausmittel helfen noch bei Wundsein?
Viele Hebammen empfehlen, ein paar Tropfen Muttermilch auf wunde Hautstellen zu tupfen, das soll Hautreizungen lindern. Beruhigend wirkt ein Kamillen-Bad – dazu einfach einen Liter Kamillentee ins Badewasser gießen. Dermatologin Garcia Bartels rät Eltern zur Behandlung mit Schwarztee, denn der wirke durch seine Gerbstoffe adstringierend und antientzündlich. Eine Tasse unparfümierten Schwarztee in doppelter Stärke aufbrühen, 15 Minuten ziehen und lauwarm abkühlen lassen. Mit einem Wattebausch auf die betroffenen Stellen tupfen, einige Sekunden einwirken und anschließend gut trocknen lassen. Ein paar Mal täglich wiederholen.
8. Spricht etwas gegen das gute, alte Pudern?
Ja, wir raten vom Pudern ab. Erstens können die Produkte Klümpchen bilden, und die scheuern dann zusätzlich im Windelbereich. Außerdem basieren manche Babypuder noch immer auf Talkum. Talkum sollte von Kindern allerdings nicht eingeatmet werden, denn es zersetzt sich schlecht in der Lunge und kann in minderwertigen Qualitäten sogar Asbest enthalten.
Viel zu spät – aber immerhin stellen jetzt noch einige der wenigen Hersteller um, wenn sie es nicht schon längst getan haben: Johnson & Johnson vertreibt ab diesem Jahr weltweit keine Babypuder mit Talkum mehr und ersetzt es durch Maisstärke.
9. Nässende Hautstellen: Was bringt Heilwolle?
Wenn sich auf wunder Haut erst nässende Stellen gebildet haben, rutscht eine Zinkcreme leicht ab. Viele Eltern machen hier gute Erfahrungen mit Heilwolle. Heilwolle ist eine naturbelassene und lediglich mit Wasser gereinigte Schurwolle, die es in Apotheken und Reformhäusern zu kaufen gibt. Das darin noch enthaltene Wollfett soll entzündungshemmend wirken, die Schurwollfaser kann viel Feuchtigkeit in ihrem Inneren speichern, ohne sich feucht anzufühlen.
Heilwolle ist bei wunden oder gerade bei nässenden Hautstellen also einen Versuch wert: Einfach nach der Reinigung eine dünne Schicht wie ein Vlies auf die betroffene Region auflegen und die frische Windel verschließen. Verschmutzte Heilwolle beim nächsten Wickeln erneuern. Achtung: In seltenen Fällen kann Heilwolle Allergien auslösen.
10. Welche Lebensmittel sollte ich meiden, wenn mein Baby zu wundem Po neigt?
Wenn Sie stillen, ist es nicht nötig, von vornherein auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten. Die meisten Säuglinge vertragen das Essen ihrer Mutter recht gut. Beobachten Sie Ihr Kind einfach aufmerksam, gerade in der ersten Zeit.
Manche Kinder reagieren auf scharfe Gewürze oder säurehaltiges Obst und Gemüse empfindlich, beispielsweise Beeren oder Tomaten. Wenn Ihr Kind nach einer Erdbeeren-Orgie am nächsten Tag einen wunden Po bekommt, liegt ein Zusammenhang nahe. Aber man muss nicht per se für immer auf Erdbeeren verzichten– probieren Sie beim nächsten Mal einfach eine geringere Menge.
11. Sind einige Babys besonders anfällig für Windeldermatitis?
Ja, es gibt eine gewisse Veranlagung zu empfindlicher Haut – gerade, wenn die Eltern unter Allergien oder Neurodermitis leiden. Diese genetische Disposition ist jedoch nur ein Baustein, hinzu kommen andere Faktoren wie falsche Pflege. Und so ganz ohne wunden Po kommt wohl kaum ein Kind durch die Windelzeit. Die Windeldermatitis gehört laut Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zu den häufigsten Hauterkrankungen bei kleineren Kindern. Besonders betroffen: Babys im Alter zwischen neun und zwölf Monaten.
Die Haut ist trocken und gereizt oder gar von Neurodermitis betroffen? Dann braucht es eine schonende Pflege ohne Problemstoffe. Unser Test zeigt: Das bieten viele Produkte - aber eben nicht alle.
12. Wann sollten wir einen Arzt aufsuchen?
Das hängt von der Größe und dem Verlauf der Entzündung ab. Für ein bis zwei Wochen können Eltern versuchen, den wunden Po mit Salben, Lüften & Co selbst in den Griff zu bekommen, sagt Garcia Bartels. "Wenn sich die wunde oder entzündete Hautregion dagegen rasant ausbreitet, wenn sie die Größe eines Handtellers überschreitet oder wenn die Haut eingerissen ist und sehr schmerzt, sollten Eltern ihr Kind beim Arzt vorstellen."
Auch bei Verdacht auf eine Pilzinfektion – siehe oben – sollten Eltern sofort zum Arzt, der in dem Fall eine Nystatin-haltige Paste verordnen wird. Liegt eine bakterielle Infektion vor, muss auch an die Möglichkeit einer perianalen Streptokokken-Dermatitis gedacht werden. Sie ist von starkem Juckreiz und Schmerzen beim Stuhlgang begleitet und wird von Ärzten häufig zu spät erkannt. Ist der Abstrich positiv, muss sie durch Antibiotika behandelt werden.
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