Jeder kennt sie: die Mitglieder, ohne die im Verein nichts geht. Wann immer sie gebraucht werden, sind sie zur Stelle. Oder jene, deren Talent alle zum Staunen bringt. Genau diese Menschen sollen in der neuen Serie „Vereins-Helden“ vorgestellt werden. Heute ist Elke Kosel an der Reihe, langjährige Übungsleiterin des VSG Dietzenbach.
Dietzenbach – Aus Elke Kosels Mutterwunsch heraus, ihrem behinderten Sohn Sven die Teilnahme an einer Sportstunde zu ermöglichen, ist mittlerweile eine ausgebildete Übungsleiterin des VSG Dietzenbach mit Verantwortung für beeinträchtigte Kinder, herzerkrankte Erwachsene und für die vielen inklusiven Vereinsfeste geworden. Seit über 40 Jahren prägt die Dietzenbacherin das Vereinsleben wie keine zweite. An ihrem heutigen 87. Geburtstag blickt die Vereinsheldin auf ihre Aktivitäten im VSG zurück.
1977 ist Elke Kosel auf der Suche nach einer Sportstunde für ihren siebenjährigen Sohn, der eine genetisch bedingte Muskelerkrankung hat. Dabei wird sie auf den VSG, damals noch „Versehrtensportgemeinschaft“, aufmerksam. Obwohl es kein Angebot für Kinder gibt, fühlt sich die Mutter sofort wohl in der Sporthalle. Sie kommt mit Helga Stappelton, der Ehefrau des Vereinsgründers, ins Gespräch und freundet sich mit ihr an.
Angetrieben von dem Bedürfnis, behinderten Kindern die Möglichkeit zu geben, sich gemeinsam in einer Gruppe zu bewegen, absolviert sie eine Ausbildung zur Übungsleiterin im Rehasport. „Mir war wichtig, die Gesundheit der Kinder zu fördern“, sagt die heute 87-Jährige.
Sie bietet beeinträchtigten Kindern Schwimmkurse an – teilweise sogar auf Wettkampfebene. „Es ist für mich stets eine Belohnung, wenn ich sehe, wie stolz meine Schützlinge sind, wenn sie ihr Schwimmabzeichen in den Händen halten.“ Das Schwimmen fördere nicht nur eine stabile Körperhaltung, sondern sei auch Balsam für die Seele. „Die Kinder sehen, dass sie etwas können, dass sie gut in etwas sind. Und das wiederum steigert das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Mut, sich neuen Herausforderungen zu stellen“, sagt sie.
Neben der Verbesserung der körperlichen Fitness ist das gesellschaftliche Miteinander seit ihrem Vereinsbeitritt vor 46 Jahren eine Herzensangelegenheit von Elke Kosel: „Wenn bei Sportfesten Kinder aus ganz Deutschland zusammenkommen, ist das einfach ein tolles Ereignis.“ Durch den Einsatz der Dietzenbacherin spielen und toben die Jüngsten miteinander. Die Behinderung spiele dabei keine Rolle. Bis nach Tirol fährt Elke Kosel mit ihren Schützlingen. „Die Kinder geben mir so viel Dankbarkeit zurück. Es ist einfach schön, sie glücklich zu sehen.“ Ein Höhepunkt sei die Jugendfreizeit in Bad Hofgastein gewesen. „Meine Tochter war als Betreuerin mit auf der Bärsteinalm in Österreich. Sie war total begeistert“, erinnert sich die Schriftführerin des VSG, Heike von Staden. Mit Leidenschaft setzt sich Elke Kosel dafür ein, dass die Jüngsten des Vereins gemeinsam auf Entdeckertour gehen und sich gegenseitig helfen. Auf der Bärsteinalm kümmern sich die jugendlichen Betreuer um die Bedürfnisse der behinderten Kinder. „Dazu gehören auch Windeln und Wickeln“, sagt von Staden. Indem die Jugendlichen in Kontakt mit den Aufgaben kommen, gewännen sie eine neue Lebensperspektive.
Nicht nur im Kinderbereich, auch im Erwachsenen-Gesundheitssport bringt sich Elke Kosel mit „Leib, Seele und viel Herzblut“ ein, wie Heike von Staden erzählt. Nach ihrer Ausbildung zur Übungsleiterin bildete sich die Mutter fortlaufend weiter. Gemeinsam mit Helga Stappelton baut die Dietzenbacherin den Koronarsport auf. In diesem Übungsprogramm zeigt sie Menschen mit Herz-Kreislaufproblemen, wie sie im Alltag fit bleiben können. Das Besondere: „Langjährige Teilnehmer begleitet Elke Kosel von der ersten Stunde an“, sagt die Schriftführerin. Und auch die 87-Jährige ist bis heute Co-Übungsleiterin und führt gewissenhaft die Teilnehmerlisten. Zuletzt ruft sie auch das Volleyballspiel für Senioren ins Leben. Regelmäßig treffen sich die Vereinsältesten zum Baggern und Pritschen über das Netz.
Durch alle Generationen hinweg ist Elke Kosel ein bekanntes und immer gern gesehenes Vereinsgesicht. „Es ist ihr Verdienst, dass wir heute einen so breit gefächerten Trainingsplan haben“, sagt Heike von Staden. Trotz der Muskelerkrankung ihres Sohnes hat die Dietzenbacherin nicht den Kopf in den Sand gesteckt. Mit viel Ideenreichtum und Tatendrang hat Elke Kosel das in den Verein gebracht, was sie sich einst selbst wünschte: Sportangebote für alle Menschen, egal ob jung oder alt, behindert, krank oder gesund.
Mittlerweile ist die 87-Jährige Kosel am Herzen erkrankt – doch das hält sie nicht davon ab, bis heute jedes Vereinsfest zu besuchen und sich einzubringen, wo ihre Unterstützung gefragt ist: „Der Verein ist ein wichtiger Bestandteil meines Alltags. Das möchte ich nie mehr missen.“ (Lisa Mariella Löw)