Interview mit Thomas Herrmanns: "Älter sein hat seine schönen Seiten"

2023-03-16 17:16:35 By : Ms. Linda Luo

Als Begründer und Moderator des Quatsch Comedy Clubs hat sich Thomas Hermanns einen Namen gemacht. Im prisma-Interview spricht der Comedian unter anderem über seinen anstehenden 60. Geburtstag und sein neues Buch.

Herr Hermanns, kürzlich haben Sie sich als Moderator des Quatsch Comedy Clubs verabschiedet, den Sie 1992 gegründet haben. Ist es Ihnen nach 30 Jahren auf der Bühne schwergefallen, in den Hintergrund zu treten?

Nein, das ist mir nicht schwergefallen. Ich habe nie gedacht, dass es 30 Jahre werden (lacht). Jetzt ist es an der Zeit, den Platz frei zu machen und die jüngere Generation ans Ruder zu lassen. Ich habe mich natürlich gefreut über den großen Abschied, das war ein schöner Abschluss. Und da meine Firma dahintersteht, bleibe ich ja auch weiter beim Quatsch Comedy Club dabei, als Mutter der Truppe – jetzt aber hinter den Kulissen.

Der Quatsch Comedy Club war Wegbereiter für viele Stars der Szene, immer wieder kamen neue Künstler nach und schafften es bis an die Spitze. Wie werden Sie auf die jungen Talente aufmerksam?

Die Leute melden sich mittlerweile von selbst, Stand-up-Comedian ist ein Beruf. Unser Talentabend Quatsch Comedy Hot Shot, den es an mehreren unserer Standorte gibt, ist ein super Tool. Und ich habe festgestellt, dass die Qualität immer besser wird. Die Leute üben mehr, gehen in Kneipen. Wenn die zu uns kommen, sind die schon richtig gut. Wir haben vor Kurzem zusammengesessen und überlegt, welche Comedians schon alle beim Quatsch Comedy Club waren. Von denen, die erfolgreich geworden sind, haben wir keine und keinen verpasst in den 30 Jahren. Das zeigt, dass unser Modell funktioniert.

Über welche Art Comedy können Sie selbst am besten lachen?

Ich mag die Surrealisten gerne, Künstler wie Olaf Schubert oder Johann König. Die bringen ihre ganz eigene Welt mit. Mir gefällt, wenn die Leute mich überraschen. Comedians erzählen meist aus ihrem eigenen Leben und nach 30 Jahren sehe ich so manche Punchline schon kommen. Da ist es erfrischend, wenn so ganz Verrückte dabei sind. Aber Stile und Themen ändern sich natürlich auch, es gibt immer wieder etwas Neues.

Bald steht Ihr runder Geburtstag an, Sie werden in diesem Jahr 60 Jahre alt. Freuen Sie sich darauf, oder bereitet Ihnen die Zahl ein ungutes Gefühl?

Ich freue mich darauf. Es ist irgendwie überraschend, dass es schon soweit ist (lacht). Die 30er, 40er, 50er sind so schnell rumgegangen. Man hat viel gearbeitet, viel erlebt. Mit 60 kommt so ein Punkt –wenn man noch einigermaßen gesund und fit ist – wo es bis 70 eine gute Strecke werden kann, mit neuen Akzenten. Ich gehe jetzt sicher nicht in Rente, aber ich wähle Projekte bewusster aus. Älter sein hat seine schönen Seiten. Man macht nicht mehr dieselben Fehler wie früher und hat viel an Erfahrung auf dem Pluskonto.

Sie haben mit Blick auf Ihren Geburtstag ein neues Buch geschrieben, „Sexy Sixty“. Worum geht es?

In dem Buch verrate ich meine ganzen Tipps und Kniffe, wie das mit dem neuen Lebensjahrzehnt gut klappt. Heute ist man ja mit 60 nicht mehr alt, aber man muss auch was dafür tun. Ausgehen zum Beispiel. Das ist ein bisschen wie Therapie. Klar, der Kater nach einer durchfeierten Nacht dauert drei Tage und nicht nur einen, das muss man einplanen. Aber ein oder zweimal im Monat steht Ausgehen bei mir im Kalender. Damit man dann nicht doch um 22 Uhr auf dem Sofa vor der Lieblingsserie hängenbleibt, braucht man Ausgehfreunde, die einen mitziehen – gerne auch etwas jüngere. Irgendwer muss einem sagen: ‚So, aufstehen, fertigmachen.‘ Dann bis fünf, sechs Uhr um die Häuser ziehen ist wie Sport. Man darf auch nicht in einem Lokal versacken, sondern muss immer weiterziehen. Um ein Uhr ist vielleicht Karaoke angesagt, um vier Uhr möchte man dann lieber in einem ruhigeren Laden über den Sinn des Lebens diskutieren. Das Kapitel zum Ausgehen ist ganz schön lang geworden – und Champagner kommt häufig vor (lacht).

Was kann der Leser noch lernen?

Sport und Aussehen sind weitere wichtige Themen. Ab 60 muss man extrem aufpassen, dass man nicht immer aussieht, wie ein Wanderverein: beige Klamotten, Funktionsjacken… Auch der Partnerlook sollte dringend vermieden werden! Es gibt gute Vorbilder, auch für Männer, zum Beispiel stilvoll gekleidete französische oder italienische Gentlemen. Es reicht manchmal schon ein gebügeltes weißes Hemd, damit kann man nix falsch machen. Aber gebügelt muss es eben sein. Männer sollten sich gescheit im Spiegel angucken, von allen Seiten. Nasenhaare gehören geschnitten und warum nicht mit ein bisschen Make-Up arbeiten? Mit Puder und Foundation sieht man direkt frischer aus. Da können wir von den Frauen noch was lernen. Wobei die ab 60 häufiger plötzlich wild werden. Dann hat man Wanderverein mit lila Haaren. Ein bisschen Mut zur Farbe bei der Kleidung kann bei den Männern übrigens auch nicht schaden. Es braucht Zeit und Aufmerksamkeit – und davon haben viele in dieser Lebensphase mehr. Man muss die Zeit nur sinnvoll nutzen.

Hanteltraining hilft, den Muskelabbau zu stoppen. Es gibt nichts Schlimmeres für mich als Klimmzüge. Aber das kommt jetzt alles zurück. Alles, was man in der Schule schon gehasst hat. Yoga und Laufen sind gut, aber für die Muskeln sind die Hanteln notwendig. Ich bin da immer muffig und finde es grauenvoll, aber es muss gemacht werden.

Wie werden Sie Ihren Geburtstag feiern?

Am Tag selbst werden wir im Ausland sein, in Mexiko. Im Mai gibt es dann eine große Party in Deutschland unter dem Motto „Sexy Sixty“. Wer mich kennt, weiß, dass ich Disco-Fan bin. Und unter diesem Vorzeichen steht auch die Feier. Es herrscht Kostümzwang, denn ich liebe Kostümpartys. Viele finden das erst komisch, sich zu verkleiden. Aber wenn dann nachher alle im Kostüm da sind, wird es toll.

Das war meine Zeit, meine Jugend. Für mich ist das positive Musik, mit einem Uplifting-Effekt. Wenn Disco läuft, gehen alle auf die Tanzfläche.

Welche Pläne haben Sie für die nächste Zeit?

Ich werde einige Sachen moderieren, aber ich habe mir auch viele Freiräume gelassen. Selten waren so viele freie Flächen in meinem Kalender. Aber damit gönne ich mir den Raum, dass auch etwas Neues reinkommen kann. Ich möchte ein Musical nach vorne bringen, das habe ich mir vorgenommen. Ansonsten schaue ich, was passiert.

Bald ist auch wieder Eurovision Song Contest (ESC). Möchten Sie darüber reden, oder macht Ihnen das Thema schlechte Laune?

Ich werde den ESC immer im Herzen haben, meine Liebe ist ungebrochen (lacht). Es gibt in Europa keine größere Show. Daran kann man sehen, wir in Europa können was, so ein Event gibt es nicht einmal in Amerika. Der Termin steht auf jeden Fall groß bei mir im Kalender. Entweder sitze ich zu Hause auf der Couch und kommentiere das mit Freunden – oder ich sitze im Fernsehen und sage was dazu (lacht).

Mit welcher Art Song hätte Deutschland mal wieder eine Chance auf vordere Plätze?

Das Problem ist, dass die etablierten Popstars in Deutschland nicht in den Contest gehen. Die Nachwuchstalente sind aber oft überfordert von der riesigen Bühne und allem, was auf sie einströmt. In so einer riesigen Halle vor den Massen abliefern, das ist eigentlich nur was für Profis. Da hilft es meines Erachtens, wenn man schon mal in einem Stadion performt hat. Ich würde mich freuen, wenn wir jemanden wählen, der den Druck aushält. Klar kenne ich auch alle Gründe, die für einen Profi dagegensprechen, zum Beispiel: „Was macht es mit der Karriere, wenn man Letzter wird?“ Wichtig ist auch, dass der Song zum Sänger oder zur Sängerin passt, dass das authentisch ist. Ich denke, die Musiker sollten sich ihr Lied aussuchen, man darf nicht zu sehr im Labor kochen. Und ansonsten solle man sich einfach freuen, dass man dabei ist.

„Sexy Sixty. Mit Charme und Schwung ins neue Jahrzehnt“ von Thomas Hermanns