Engpässe bei Hortplätzen am Südcampus / Eltern sind alarmiert
BAD HOMBURG - Ein großes Neubaugebiet, eine kleine Grundschule - und viel zu wenige Betreuungsplätze für Schulkinder: Was in Ober-Erlenbach im Osten von Bad Homburg schon heute Realität ist (diese Zeitung berichtete), droht auch im Nachbarstadtteil Ober-Eschbach. Auf dem früheren Du-Pont-Gelände am Ortsrand lässt die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH (WHS) derzeit bekanntlich das Wohnquartier Südcampus hochziehen: Anfang 2024 sollen die mehr als 500 Zwei- bis Fünf-Zimmer-Eigentumswohnungen, verteilt auf 27 Mehrfamilienhäuser, fertiggestellt sein.
„Wir hoffen und rechnen damit, dass am Südcampus viele junge Familien einziehen. Mit Kindern ist das Gebiet doch ein Traum! Man hat die U-Bahn und das Feld um die Ecke und in zehn Minuten ist man in der Innenstadt“, sagt Ober-Eschbachs Ortsvorsteherin Yvonne Velten (CDU). Deshalb habe der Ortsbeirat auch von Anfang an darauf hingewiesen, dass die soziale Infrastruktur angepasst werden müsse, wenn das Gebiet kommt: „Wir brauchen nicht nur Kindergarten-, sondern auch Hort- und Schulplätze“, unterstreicht Velten. Allein: Getan hat sich bislang nicht viel, im Gegenteil - Engpässe bestehen schon jetzt, ganz ohne den neuen Stadtteil im Stadtteil, in dem bald um die 1500 Menschen leben.
„Im vergangenen Frühjahr kam ein neu zugezogener Bürger auf mich zu. Für seine Tochter, die 2022 schulpflichtig wurde, gab es keinen Platz in der schulischen Betreuung. Die Eltern, beide berufstätig, waren verzweifelt“, berichtet Velten. Letztlich habe die Familie doch noch die Möglichkeit bekommen, das Kind nachmittags in die Betreuung zu bringen - ohne Mittagessen. „Wie soll das gehen bei einer Erstklässlerin?“, fragt die Ortsvorsteherin, mit nur wenigen Stunden Unterricht pro Tag sei da viel Zeit zu überbrücken. Die Familien in Ober-Eschbach und der Ortsbeirat sind alarmiert: Im September formulierte das Gremium auf Initiative der CDU-Fraktion eine an den Magistrat gerichtete dringliche Anfrage zum Thema. Die Antwort aus dem Rathaus ließ bis Ende Januar 2023 auf sich warten.
Velten und die anderen Ortsbeiratsmitglieder erfuhren: Alle Betreuungsplätze für Grundschulkinder im Stadtteil sind besetzt, und: Zehn Jungen und Mädchen stünden auf der Warteliste für die Betreuung an der Grundschule im Eschbachtal, die der Kreis als Schulträger beziehungsweise die kreiseigene KiT GmbH organisiert. Weitere 20 über das Online-Betreuungsplatz-Portal Little Bird vorgemerkte Grundschüler hätten mangels Kapazität für 2022/2023 keinen Platz in der städtischen Kita Hessengärten bekommen - dem einzigen Hort in Ober-Eschbach. „Das Ganze ist ein bisschen traurig. Schon ohne die neuen Wohnungen fehlen 30 Plätze - wir hatten diese Dinge zu Bedenken gegeben bei der Genehmigung“, kritisiert die Ortsvorsteherin. Es sei unverständlich, warum Sozialdezernentin Lucia Lewalter-Schoor (SPD) „so lange nicht ausreichend hinschaut“. Velten: „Es hieß auch, dass sich Eltern mit einer Absage erneut vormerken lassen sollen, für einen späteren Betreuungsbeginn. Was im Zweifelsfall aber bedeutet, dass ein Elternteil erst mal seine Berufstätigkeit aufgeben muss.“ Insbesondere Frauen seien auf ein verlässliches Angebot angewiesen, um arbeiten zu können. „Das ist ein existenzielles Thema. Wenn man an einem nicht sparen darf, dann ist das die Kinderbetreuung“, plädiert Velten.
Durchs Gebiet Südcampus stehe jetzt allerdings zu befürchten, dass der Mangel sich verschärft: „Wie soll das auch funktionieren, mit über 500 neuen Wohnungen? Und gerade bei den Preisen dort werden die Familien auf zwei Einkommen angewiesen sein.“ Laut dem Kreis stehen in der Schulbetreuung 60 Plätze für die insgesamt rund 200 Schulkinder zur Verfügung. Die Zubereitung von Mittagessen ist nicht vorgesehen - eine Mensa wurde bei der Erweiterung der heute zwei-, in einem Jahrgang dreizügigen Grundschule vor 19 Jahren nicht gebaut. Die laut Kreis 45 der 60 Kinder, die maximal am Mittagessen teilnehmen können, laufen nach dem Unterricht ins nahegelegene Vereinshaus am Kirchplatz, wo sie im Sitzungszimmer mit Lieferessen versorgt werden. Danach geht es zurück in die Räume der Betreuung im Schulhaus. Der städtische Hessengärten-Hort bietet 80 Plätze für die Kinder berufstätiger Eltern - entsprechende Nachweise müssen eingereicht werden -, allesamt mit Mittagessen. Macht 140 Plätze im Grundschulbezirk.
Fest steht, dass die Kapazitäten in Ober-Eschbach perspektivisch fast verdoppelt werden müssen, um die in Bad Homburg beschlossene Versorgungsquote von 75 Prozent in der Altersgruppe der Sechs- bis Neunjährigen zu erreichen: 108 Betreuungs- beziehungsweise Ganztagsschulplätze fehlen im Stadtteil. Gleichzeitig steht der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ins Haus, der von 2026 an auf die Grundschüler ausgedehnt wird.