Magazin März 2023: Ketchup | Autor: Theresa Horbach | Kategorie: Kinder und Familie | 04.03.2023
Die Windel ist schon wieder ausgelaufen? Macht nichts. Richtiges Wickeln ist keine Kunst, das lernen Eltern schnell. Damit es noch schneller geht, verrät Hebamme Manuela Rauer-Sell ihre besten 11 Tipps rund um Babys Windelzone.
Neben dem Stillen ist das Wickeln die wohl häufigste Aufgabe von Eltern neugeborener Babys. Aber wie häufig sollte die Windel des Kindes gewechselt werden? Nehme ich Stoffwindeln oder Einwegwindeln? Und braucht es wirklich eine Wärmelampe? Hebamme Manuela Rauer-Sell gibt Antworten auf diese und andere Fragen.
1. Das Wickeln dem Stillen anpassen
Wie oft soll ich mein Baby wickeln? Es gibt wohl kaum eine Frage, die Rauer-Sell häufiger hört, wenn sie Familien im Wochenbett besucht. Ihr Tipp: Das Wickeln mit der Nahrungsaufnahme verbinden. "Ein Neugeborenes trinkt innerhalb von 24 Stunden acht bis zwölf Mal. Entsprechend oft sollten Sie auch die Windel wechseln."
Das produziert zwar einen ganz schönen Müll- oder Wäscheberg – ist aber trotzdem wichtig. Denn der Säureschutzmantel der Haut muss sich bei Babys erst entwickeln. Besonders in den ersten zwei Monaten daher lieber einmal öfter wickeln als zu selten. Spätestens wenn das Kind älter wird und nicht mehr so oft trinkt, geht der Windelverbrauch dann auch wieder zurück.
2. Das Kind nie alleine lassen
Ob auf der Wickelkommode, dem Sofa oder der Waschmaschine: Mögliche Orte für den Windelwechsel gibt es viele. Prinzipiell sind alle in Ordnung, sagt Rauer-Sell. Sie haben jedoch ihre Vor- und Nachteile. An der Wickelkommode arbeiten Eltern etwa besonders rückenschonend – die Verletzungsgefahr durch einen Sturz ist allerdings etwas höher.
"Stürze vom Wickeltisch oder dem Sofa gehören zu den häufigsten Unfällen im ersten Lebensjahr", sagt die Hebamme. "Selbst wenn es nicht so erscheint: Auch kleine Babys können sich abstoßen und so ungewollt ihre Position verändern." Wer während des Wickelns an die Haustür oder ans Telefon muss, nimmt das Baby deshalb mit oder legt es auf dem Boden ab.
Egal wo man wickelt, gilt aufgrund der Sturzgefahr auch: Alle Wickelutensilien griffbereit haben. Entweder deponiert man sie direkt am Wickelplatz oder, falls man keinen festen hat, in einer mobilen Box. In die gehört neben frischen Windeln, Feuchttüchern oder Waschlappen und Wechselkleidern auch ein mildes Öl. Damit lassen sich eingetrocknete Stuhlreste sanft entfernen.
"Das muss kein spezielles Babyöl sein", sagt Rauer-Sell, "Mandelöl tut es zum Beispiel auch." Eine Wundschutzcreme gehört ebenfalls zur Grundausstattung, am besten eine mit Zink. "Zinkhaltige Salben decken die Wunde länger und zuverlässiger ab. Das hilft bei der Wundheilung." Wer den Babypopo mit Waschlappen säubert, braucht außerdem lauwarmes Wasser, zum Beispiel aus einer Thermoskanne. Als Wickelunterlage empfiehlt die Hebamme eine Kombination aus einem gut gepolsterten, abwischbaren und schadstofffreien Untergrund sowie einem Tuch, das schnell gewechselt werden kann – ein Handtuch oder eine Mullwindel etwa.
Zu einer Wärmelampe rät Rauer-Sell nur, wenn der Raum, in dem gewickelt wird, wirklich kühl ist – für ein Neugeborenes heißt das: unter 20 Grad. Schon nach ein paar Monaten kann die Lampe wieder weg, dann kühlt das Kind nicht mehr so schnell aus.
"Beim Anbringen der Lampe sollte man unbedingt die Herstellerhinweise beachten – und den Abstand zum Wickeltisch mit einem Maßband ausmessen", mahnt die Hebamme. Vielen Eltern kommt der nämlich zu groß vor. Ihn zu beachten, ist aber wichtig, damit es für die Babyhaut nicht zu heiß wird – oder das Baby sich sogar verbrennt.
Viele Wundschutzcremes im Test sind "sehr gut" zum sensiblen Babypopo, das ist fein. Völlig unverständlich dagegen: Drei Cremes sind mit besonders bedenklichen Mineralölbestandteilen belastet.
Eigentlich klar: Bevor die neue Windel angelegt wird, müssen Stuhl und Urin entfernt werden. Gleiches gilt für die Reste der Wundschutzcreme, die sich mit beidem vermischt und daher bei jedem Wickeln neu aufgetragen werden sollte – allerdings nicht vorbeugend, sondern nur wenn der Po wund ist.
"Es lohnt sich, das Kind beim Wickeln auch auf die Seite zu drehen", rät Rauer-Sell. Wenn die Windel nicht richtig sitzt oder besonders voll ist, kommt es schon mal vor, dass der Stuhl sich auf dem Rücken des Babys verteilt. Mädchen von vorne nach hinten reinigen, damit keine Darmkeime in den Genitalbereich kommen. Wenn Stuhl in die Vulva gelangt ist, beim Saubermachen möglichst sanft vorgehen.
Bei Jungs auch unterm Hodensack nachsehen – von der Vorhaut dagegen die Finger lassen: "Die empfindliche Vorhaut sollte man nicht zurückschieben, da so Verletzungen entstehen können. Für die Hygiene reicht es völlig, wenn das Wasser beim Baden diesen Bereich umspült."
Das feuchtwarme Klima in der Windel begünstigt einen wunden Po. Um dem vorzubeugen, empfiehlt Rauer-Sell, das Baby nach dem Saubermachen kurz ohne Windel zu lassen. Wer es eilig hat, kann den Intimbereich vorsichtig mit einem Tuch trocken tupfen. Auf gar keinen Fall sollten Eltern zum Föhn greifen: "Das kann zu sehr schlimmen Verletzungen führen – von Verbrennungen bis hin zu elektrischen Schlägen, wenn das Baby in den Föhn pinkelt."
Damit die frische Windel dichthält, sollte man nach dem Anlegen kontrollieren, ob alles sitzt. Bei Jungs heißt das: Der Penis sollte nach unten zeigen. Einwegwindeln am Rücken gut hochziehen, damit dort nichts ausläuft. Vorne sollte die Windel bis über den Bauchnabel reichen. Wenn die Nabelschnur noch nicht abgefallen ist, klappt man den oberen Bund der Windel wieder nach unten, sodass der Nabel im Trockenen liegt. Weder zu fest noch zu locker sitzt die Windel, wenn zwei Finger gut zwischen Bauch und Bund passen. Zum Schluss die rosettenförmigen Beinabschlüsse nach außen ziehen.
Für Stoffwindeln gilt im Grunde dasselbe: Damit sie nicht auslaufen, sollten sie richtig sitzen. "Allerdings sind die verschiedenen Systeme sehr unterschiedlich – mit Klettverschlüssen, Druckknöpfen oder zum Binden", erklärt Rauer-Sell. Eine allgemein gültige Anleitung gibt es daher nicht. Bei allen Windeln ist die richtige Größe wichtig: "Wenn das Kind morgens ständig nass ist, sollte man die nächste Windelgröße ausprobieren."
8. Nachts nur wickeln, wenn es sein muss
Schlaf hat Priorität, das gilt für Eltern und Baby gleichermaßen. "Nachts sollte man deshalb nur dann wickeln, wenn es unbedingt sein muss", sagt Rauer-Sell – zum Beispiel wenn das Kind einen wunden Po hat. So haben nicht nur die Eltern die Chance, sich nachts ein wenig zu erholen – auch der kindliche Schlaf wird möglichst wenig gestört und das Baby erhält die Möglichkeit, die nächtlichen Schlafphasen zu verlängern.
Wenn nachts doch ein Windelwechsel sein muss, wickeln Eltern am besten im Bett und öffnen den Schlafsack nur von unten, anstatt ihn ganz auszuziehen. Im Idealfall wacht das Kind so gar nicht richtig auf.
Nicht nur beim Schlafsack, sondern auch bei Stramplern und Schlafanzügen ist es praktisch, wenn sie sich unten aufknöpfen lassen – so muss man sie nicht bei jedem Windelwechsel aus- und anziehen. Dass Bodys mit seitlicher Knopfleiste besser sind als solche, die man dem Baby über den Kopf zieht, kann Rauer-Sell nicht bestätigen: "Ich glaube, es sind eher die Eltern, die Respekt davor haben, etwas über das kleine, instabile Köpfchen zu ziehen."
Mineralöl in Babynahrung: Die Ergebnisse unseres Tests von Säuglingsmilch im Jahr 2021 waren enttäuschend. Haben sich die Pre-Nahrungen mittlerweile verbessert? Die Antwort lautet: Ja. Einige Hersteller haben nachgebessert. Mineralöl ist aber immer noch ein Problem.
Beachten sollten Eltern allerdings schon, dass die Standardbekleidung für Babys oft auf Einwegwindeln zugeschnitten und für die voluminöseren Stoffwindeln deshalb oft ein bisschen zu knapp ist. Also entweder größere Größen kaufen oder nach passenden Angeboten suchen, die sich häufig bei ökologischen Anbietern finden. Auch eine Bodyverlängerung kann helfen, die etwas größere Stoffwindel bequem abzudecken – das ist ein kleines Stück Stoff, dass sich unten an den Body knöpfen lässt.
10. Ehrlich zu sich selbst sein
Schon bevor das Baby da ist, entscheiden sich die meisten Eltern für ein Wickelsystem. Manche wählen Stoffwindeln, um die Umwelt zu schonen oder weil sie glauben, dass das für die Haut ihres Babys besser ist. Andere Einwegwindeln, weil sie so praktisch sind. Rauer-Sell rät Eltern, sich selbst möglichst realistisch einzuschätzen. "Wegwerfwindeln sind einfach sehr komfortabel", räumt sie ein. "Und Feuchttücher gerade für unterwegs praktisch."
Bevor man viel Geld in Stoffwindeln investiert, sollte man sich ehrlich fragen: Passt das in meinen Alltag? Wer sich nicht sicher ist, kann Stoffwindeln erst einmal leihen – entweder von befreundeten Familien oder professionellen Anbietern – und ausprobieren, wie Eltern und Kind damit zurechtkommen. "Welche Variante für die Babyhaut am besten ist, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse", sagt Rauer-Sell. Während Einwegwindeln oft Zusätze wie Farb- und Duftstoffe enthalten, die die Babyhaut angreifen können, liegen mit Stoff gewickelte Kinder womöglich öfter im Feuchten und können daher mehr zu Windeldermatitis neigen.
Ganz generell gilt am Wickelplatz: Weniger ist mehr. "Feucht- und Öltücher sind zum Beispiel nicht unbedingt nötig, es tut auch die herkömmliche Art und Weise, also: Waschlappen und Wasser", sagt Rauer-Sell. Wer trotzdem Feuchttücher benutzen möchte, sollte vorher aktuelle Tests anschauen – das gilt auch für Wundschutzcremes, Einwegwindeln und die Wickelunterlage.
Am besten sind Produkte ohne unnötige Inhaltsstoffe wie Parfüm. Weil diese die Babyhaut reizen können, rät Rauer-Sell: "Zumindest in den ersten Lebenswochen sollte man auf Kosmetika weitgehend verzichten – nicht nur im Windelbereich, sondern zum Beispiel auch in der Badewanne."
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