Die Abrechnung von aufsaugenden Inkontinenz-Hilfsmitteln, sogenannten „Verbrauchshilfsmitteln“, stellt das Apothekenpersonal bei jeder Krankenkasse vor unterschiedliche Schwierigkeiten. Unter anderem hat nun die AOK Baden-Württemberg ihre Konditionen zur Versorgung geändert. Wer bisher Kunden versorgt hat, der muss sich nun mit den Neuerungen vertraut machen und überlegen, ob sich eine Weiterversorgung der Patienten ab September noch rechnet.
Bisher konnten die Apotheken pro Monat und Patient 29 Euro abrechnen. Dieser Pauschalbetrag wurde für Erwachsene auf 24,50 Euro gesenkt, für Kinder und Jugendliche liegt der er jetzt bei 42,50 Euro. Die AOK übernimmt diese Kosten für Einlagen, Vorlagen, Fixier- oder Windelhosen, wenn eine Inkontinenz ärztlich attestiert ist, weil mindestens eine mittlere Urin- und/oder Stuhlinkontinenz vorliegt. Dabei muss die Apotheke eine aufzahlungsfreie Grundversorgung garantieren, bei der außer den Rezeptgebühren kein Eigenanteil zu leisten ist. Der Vertrag gilt außerdem ausschließlich für die ambulante Betreuung, das heißt der Kunde darf sich weder im Krankenhaus, noch in einer Pflegeeinrichtung befinden, sonst wird retaxiert.
In diesem neuen Vertrag, dem sich alle Apotheken Baden-Württembergs anschließen können, wird künftig mehr Wert auf die Beratung und die Abgabe von Mustern an die Patienten gelegt. Apotheken, die bereits Kunden vorher Kunden der AOK beliefert haben, müssen dem neuen Vertrag schriftlich beitreten, Filialen zählen hier gesondert. Die bereits erhaltenen und kopierten Rezepte aus dem vorhergehenden Quartal behalten ihre Gültigkeit. Wer aufgrund des neuen Regelwerks und der geringeren Vergütung nicht weiter versorgen möchte, muss nicht schriftlich austreten. Der Vertrag verliert automatisch seine Gültigkeit.
Neu ist auch die verlängerte Gültigkeit der Verordnung. Sie gilt nicht mehr quartalsweise, sondern nun für sechs Monate. Sollte der Patient während dieser Zeit seinen Versorger wechseln wollen, so wird eine Neuverordnung nötig. Die Versorgung erfolgt indikationsbezogen und nach Patientenbedarf. Die angebotenen Produkte muss der Kunde vorher als Muster testen können, damit er individuell das für sich passende auswählen kann. Um die Saugstärke zu ermitteln, kann ein Trinkprotokoll über mindestens einen Tag erforderlich werden. Diese Erstberatung muss zukünftig, wie auch eine Umversorgung, dokumentiert werden.
Eine Einweisung zum Gebrauch der Einmalprodukte sowie die Überlassung einer schriftlichen Anwendungsbeschreibung sind nun ebenfalls Vertragsgegenstand. Hier fällt also mehr bürokratischer Aufwand an als beim letzten Vertrag mit der AOK. Die Lieferung der Produkte muss die Apotheke außerdem in neutraler Verpackung und für den Patienten kostenfrei sicherstellen. Sie sollte den Bedarf für einen bis maximal den drei Monate umfassen. Die Versorgung erfolgt herstellerunabhängig, die Kombination von Produkten verschiedener Hersteller ist möglich.
Wenn der Patient eine Versorgung wünscht, die über das aufzahlungsfreie Angebot der Apotheke hinausgeht, dann können Mehrkosten für ihn entstehen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine bestimmte Firma gewünscht wird, deren Produkte teurer sind als die, die durch die Apotheke angeboten werden. Das wird als Wunschversorgung bezeichnet. Die Verordnung kann, muss aber für den neuen Vertrag nicht mehr zur monatlichen Abrechnung kopiert werden. Das Rechenzentrum hat nun die Möglichkeit, die fünf Folgemonate automatisch abzurechnen. Ein Krankenhausaufenthalt des Patienten, der länger als einen Monat andauert, muss dann dort gemeldet werden. Dieser Monat darf dann nicht berechnet werden.
Obwohl die Verordnung nicht mehr vervielfältigt werden muss, so gibt es immer noch die Pflicht, sich den Empfang der Inkontinenzprodukte quittieren zu lassen. Um eine Retaxation zu vermeiden, sollte ein entsprechendes Formblatt, das vom Kunden unterschrieben wird, auf Verlangen der AOK vorgezeigt werden können. Die Krankenkasse hat außerdem das Recht, jederzeit stichprobenartig Kontrollen über die Anzahl der Verordnungen, der Versorgungen, die Summe der Aufzahlungen und die Anzahl der gelieferten Produkte zu verlangen. Die Apotheke ist hier auskunftspflichtig. Die aufzahlungsfreue Versorgungsmöglichkeit muss dem Patienten außerdem wertneutral vermittelt werden.
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